Ich bin Schreiberin

Es ist eine Tatsache, die ich akzeptieren muss, kein Wunsch, keine Entscheidung, sondern die schlichte Realität. 
Mir selbst fällt es schwer mir zu folgen, wenn ich längere Geschichten erzähle...  Ich verliere mich in all den Details. Man verliert, während man mir zuhört, leicht den Überblick, wenn ich da bei bin, mich sprachlich in die vergangenen Geschehnisse verliere, da ich es meinen Zuhörern nicht leicht mache, die wichtigen Ereignisse von den unwichtigen zu unterscheiden.
Es hat mich lange bedrückt zu wissen, dass es anstrengend ist, mir zuzuhören, und auch die Einsicht, dass es nicht an meinen Mitmenschen liegt, sondern daran, dass ich meine Gedanken oft erst beim Reden ordne
Reden ist nicht wie Schreiben: In wenigen Sekunden muss man sich Wörter zurechtgelegt oder ausgedacht haben, sonst können einem schnell Sätze aus dem Mund rutschen, die im Kopf besser geklungen hatten.
Das soll nicht heißen, dass ich mich nicht gern unterhalte. Ich finde es jedoch wesentlich leichter, meine Anliegen auf Papier zu formulieren und festzuhalten, als sie laut auszusprechen.

Zu Schreiben ist also nicht einfach eine meiner Leidenschaften, sie ist ein wesentlicher Bestandteil meines Wesens und dadurch unwegdenkbar für mich. 
Ohne um Worte zu ringen, werden nicht nur einzelne Wörter, ganze Sätze gewendet und umgekrempelt, bis sie klingen wie sie sollen und alles aussagen, was sie können.
Natürlich ist es so gut wie unmöglich, den Lesern mit meinem Geschreibe genau die Bilder in den Kopf zu pflanzen, die in meinem eigenen sprießen, und das ist gut so, denn darum geht es nicht. Vielmehr geht es darum, einen Raum zu schaffen, den jeder Leser sich selbst füllen darf. 
Ich mache keine Filme, die dem Betrachter Kulissen und Gesichter vorgeben, das überlasse ich den Lesenden und erzeuge lediglich Fantasiebilder, Stimmungen und Gedanken. 
Es ist mir nicht mehr unangenehm zuzugeben, dass es mir leichter fällt, eine Geschichte zu schreiben, als eine vernünftige Unterhaltung zu führen. Wir können nicht alles begnadete Redner, Musiker oder Bankangestellte sein. Manch einer von uns ist Schreiber, ich bin es aus purer Liebe für mich selbst.

Blühling

der Blühling ist da
mit den schönen Blüten
dem bunten Schnee der alles bedeckt
nicht unsere Häuser
unsere Dächer
ich lief durch das Gras
den seltsamen Schnee
ohne Zeckenbiss
setzte mich an einen Baum
und die Vögel zwitscherten
an mir vorbei

ich fühle mich jetzt getrennt
gehör nicht dazu
ich verstehe sie nicht
kein Wort
wie in einem fernen Land
mit fremder Sprache
erkenne ich nur die Lieder
die Melodie der Stimme
und verstehe nicht
verstehen sie mich


der Blühling ist da
er verändert auch mich
nicht nur die Natur
die Farbe des Schnees
ich spüre ihn und ihn
verstehe ich
verstehst du mich
betrachte mich
was siehst du da
betrachtest du mich wie Natur
wie eine Blume
wie einen Vogel den du nicht verstehst

der Blühling ist da
aber die Sonne scheint nicht
nur manchmal
ganz
kurz
sonst graue Wolken
dichter undurchdringlicher Dunst
der von Weiß
zu Schwarz wird
und trotzdem leuchtet es um mich
und trotzdem leuchte ich
innerlich
leuchtet so auch der Vogel über mir
fühlt er sich genau so
versteht er das
fühlt er das
fühlt er mich

und alles wächst
ich bin ausgewachsen
aber wachs ich innerlich
eigentlich fühl ich mich ausgelassen
nicht ausgelassen sondern mitgenommen 
mit der Natur
aber nicht mit der Natur
nicht in der Natur
ich liege nicht unter dem Wolkenbett
auf einem Bett aus Gras
sondern in meinem 
unter einem Dach
auf das der bunte Schnee irgendwie
nicht fallen will
ganz ohne Vögel mit Sprachen die ich nicht versteh
und was ich dann
da tief in meinem Traum seh
unterscheidet sich kaum 
von den blühenden Bäumen
Und den wundersamen Dingen
die der Blühling bringt




Da


wo die Wolkenschleier den Mond
sanft streicheln
sehe ich dich ganz und gar
unscharf
erkenne wer du sein kannst
nicht wer du bist
du hältst alle Fragen in mir
jedes Wort 
jeden Klang
nur meine Augen kann ich noch bewegen
sie kleben an dir wie gebannt
folgen sie dir und deinem Leben und
vergessen die Zeit

du bist oben
wo jeder hin will
und weißt es nicht einmal 
weil es unwichtig ist
da schwebst du
hast es noch nie gut mit uns gemeint
und auch nicht schlecht
meinst nie irgendwas
weißt alles von nichts
bist und schweigst und
alles ohne Urteil 

die Antwort auf alles bist du
was du bestimmt auch nicht weißt 
weil es unwichtig ist 
aber warum ich lebe und wann ich sterbe
warum ich zu viele Bücher und keine Zeit zum Lesen habe
warum wir das Digitale jagen und Pinselstriche
warum alles immer mehr kostet
aber weniger bedeutet
warum Menschen leiden weil sie ihr eigenes Schicksal sind
während sie dieses in allem
und jedem anderen suchen
warum alles
ist was es ist
und nicht anders
das alles weißt du 
weil du es steuerst
weil du es bist

Auf dem Heimweg


Manchmal frage ich mich, mit zweifelnder Stirn, wohin das alles mich wohl führen möchte. Meine Taten, Gedanken, Worte, mein Sein. Ich frage dann, als wüsste ich nicht, dass ich die Antwort weiß. als wüsste ich nicht, dass  alles was passiert, mich nachhause bringt. An einen Ort, den ich schon lange vergessen und gleichzeitig noch nie gesehen habe. Der so anders sein wird, wenn ich irgendwann zurückkehre. Wie könnte er bleiben wie er einmal war, wenn ich mich doch so stark verändere? 
Ich bin also auf dem Weg nachhause. Bin dabei, zurückzukehren, seit ich hier gelandet bin. Paradox! Aber paradox muss das Leben doch sein. Nur das macht Sinn in meinen Augen, in meinen Ohren, in meinen Nervenzellen. 
Ich bin also auf dem Heimweg, eher am heimirren. Diesen Weg kenne ich nicht, bin ohne Karte und der Kompass dreht sich mit dem Wind. Alles, was passieren kann, ist möglich und jeder Schritt wird mich meiner Heimat näher bringen, egal wohin ich stolpere, tanze, krieche oder aufrecht gehe. Selbst wenn ich mich um keinen Zentimeter weiter bewege, wenn nur alles mich bewegt in meiner tiefen, tiefen Seele. Aber so lange stillzuhalten hält mein Körper nicht aus. Er will laufen, rennen, neue Dinge sehen und alte neu machen.
Heimat, ich komme! Kannst du mich schon sehen? was meinst du, mache ich es gut? Könnte ich es besser? Habe ich es letztes Mal besser gemacht? Du wirst es mir nicht heute sagen, wirst dir ins Fäustchen lachen, da bin ich mir sicher. Und du entziehst dich meinen Blicken, wie ein heimliches Geschenk willst du mich erschrecken. Ich muss dich nicht finden, das wirst du schon tun, ich darf nicht, dürfen wäre Ungeduld. Du wirst mich finden, wenn es an der Zeit ist, wirst mich empfangen, als wär ich 1000 Jahre weggewesen. Wirst mich in deine Arme schließen und vielleicht stolz auf mich sein, vielleicht verärgert über mich und mit Sicherheit wirst du traurig sein, wenn ich wieder gehe. Wenn alles von vorn beginnt. Wenn ich dich verlasse, um erneut auf dem Weg zu dir zu sein.